Gifhorn und die unendlichen Weiten des Weltalls – diese engen Verbindungen gibt’s

Was hat denn Gifhorn mit dem Weltall zu tun? Klare Antwort: viel. In Gifhorn finden sich Dinge, die aus dem Weltraum stammen – andere Dinge dagegen, die aktuell da oben zu finden sind, stammen aus Gifhorn. Und dann sind da noch die Menschen auf Gifhorn, die diese unendlichen Weiten fest im Blick haben.

Landkreis Gifhorn. Zuerst einmal die Definition: Weltall oder auch Universum bezeichnet die Gesamtheit von Raum, Zeit, von Energie und Materie – also alles, was vorhanden ist. Dann gibt es noch den Weltraum – das ist der bis auf Kleinstteilchen sowie Gase leere Raum im Weltall. Vom Planeten Erde aus gesehen, der ja selbst ein Teil des Weltalls ist, beginnt der Weltraum ab einer Höhe von 100 Kilometern. Doch was hat das alles mit dem Kreis Gifhorn zu tun? Eine Menge, wie die folgende Übersicht zeigt, die übrigens keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

Rainer Bartoschewitz sammelt Mond- und Marsgestein

Leidenschaftlicher Mineraliensammler: Rainer Bartoschewitz hat in seiner Sammlung auch Stücke vom Mond und vom Mars.

Leidenschaftlicher Mineraliensammler: Rainer Bartoschewitz hat in seiner Sammlung auch Stücke vom Mond und vom Mars.

Quelle: Lea Rebuschat Archiv

Los geht es mit den Dingen, die aus dem Weltall kommen und in Gifhorn zu finden sind. Jemand, der darüber eine ganze Menge weiß und einige dieser Dinge besitzt, ist Rainer Bartoschewitz. Seit 1980 ist er als Mineraliensammler unterwegs, hat zum Teil abenteuerliche Suchaktionen hinter sich. Wie die in Ostpreußen Ende der 1980er Jahre. Dort war 1914 beim Ausheben von Schützengräben ein großer Brocken gefunden worden, es gibt dort eine Krater- und eine Meteoriten-Straße. „Wir dachten, da muss es was geben und haben das Gelände mit einem Metalldetektor abgesucht. Gefunden haben wir aber nur 100 Kilogramm Schrott.“ 

Gefunden hat er allerdings doch schon so einiges Material von Meteroiten. Von denen gibt es weltweit 60.000 – von denen man weiß. 1.200 davon hat Bartoschewitz selbst klassifiziert. Seine Leidenschaft für Steine hat nämlich einen wissenschaftlichen Hintergrund, er hilft anderen Sammlern bei der Einordnung von Funden, meldet Funde beim Meteorite Nomenclature Committee. In seiner eigenen Sammlung findet sich Mond- und Marsgestein. Dank letzterem Fund kennt sogar die NASA die Stadt Gifhorn – denn bei der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde wird sämtliches Marsgestein katalogisiert.

Blick in den Sternenhimmel – aus der Gifhorner Sternwarte heraus

Was da so im Weltall umherrauscht und möglicherweise auf die Erde fallen könnte, haben Jörg Anrecht und Karsten Richter fest im Blick. Die beiden Hobby-Astronomen betreiben die Gifhorner Sternwarte am Wallgarten – seit Anfang 2012. Das Angebotsspektrum der Sternwarte geht weit über öffentliche Vorträge und Beobachtungsabende hinaus. In der Bibliothek steht umfangreiche astronomische Literatur zur Verfügung, sogar ein kleines Kino gibt es. Die Einrichtungen der Sternwarte sind für große und kleine astronomische Projekte nutzbar. Einfach mal hineinschnuppern ist natürlich jederzeit möglich.

Edwin Buzz Aldrin auf dem Mond: Die Mondlandung am 20. Juli 1969 legte den Grundstein für die Weltall-Leidenschaft der Gifhorner Karsten Richter und Jörg Anrecht.

Edwin Buzz Aldrin auf dem Mond: Die Mondlandung am 20. Juli 1969 legte den Grundstein für die Weltall-Leidenschaft der Gifhorner Karsten Richter und Jörg Anrecht.

Quelle: NASA/dpa

Die Begeisterung für Weltall und Weltraum, für Planeten, Sonnen und Sterne, für Kometen und Meteoriten hat die beiden Himmelsforscher schon im Kindesalter gepackt. Jörg Anrecht, einer der Betreiber der Sternwarte, ging 1969 noch zur Schule. Er bestand damals darauf, sich wecken zu lassen. Sein Vater war Hobby-Astronom, daher war die Mondlandung natürlich ein Thema in der Familie. Karsten Richter war im Juli 1969 drei Jahre und zwei Monate alt. Trotzdem kann er sich noch genau erinnern: „Mein Vater riss mich aus dem Schlaf, nahm mich ins Wohnzimmer mit. Ich saß auf seinem Schoß, der Schwarz-Weiß-Fernseher lief. Darauf bewegten sich unscharfe Schatten, Sprache wurde durch Piepsen unterbrochen. Mein Vater sagte aufgeregt: ,Guck mal, da sind Menschen auf dem Mond!’“ Seine Mutter war auch wach, aber nicht ganz so aufgeregt. „Ich denke, dass die hohe Emotion meines Vaters entscheidend war, dass ich mir diese Nacht als wichtiges Ereignis abgespeichert habe.“

Von Knesebeck hinaus in die unendlichen Weiten

Wo NASA draufsteht, könnte zumindest teilweise Butting drin sein: Das Familienunternehmen aus Knesebeck, ein weltweit anerkannter Hersteller von Edelstahlrohren und Rohrkomponenten, beteiligt sich an der NASA-Weltraummission „Orion“. Die Mission „Orion“, die im Rahmen des Artemis-Programms durchgeführt wird, zielt darauf ab, die Menschheit zurück zum Mond zu bringen, aber auch zum Mars und darüber hinaus. Nach dem erfolgreichen unbemannten Flug der Orion-Kapsel im November 2022, bei dem die Kapsel anderthalb Wochen den Mond umkreiste, steht Stand jetzt für September 2025 die bemannte Artemis-2-Mission bevor. Ein zentrales Element dieser Mission ist das Europäische Servicemodul (ESM), das von Airbus Defence and Space in Bremen entwickelt wurde. 

Das ESM ist ein wesentlicher Bestandteil des Orion-Raumfahrzeugs und verantwortlich für Antrieb, Energieversorgung sowie die Versorgung mit Wasser, Sauerstoff und Stickstoff. Butting hat hierzu entscheidende Bauteile beigesteuert: Treibstoff-Leitungen aus Titan, präzise gefertigt. Diese Bauteile wurden bereits erfolgreich für die ESM-Modelle der Artemis-Missionen 1 bis 4 geliefert, aktuell wird für das ESM-5-Modell produziert. „Wir sind stolz darauf, Teil dieser historischen Mission zu sein“, sagt Volker Gerdwilker, Technical Project Manager bei Butting. „Unsere Expertise in der Herstellung hochpräziser Bauteile und unser Engagement für Qualität und Nachhaltigkeit machen uns zu einem verlässlichen Partner für die Raumfahrtindustrie.“

Premium-Komponenten für Luft- und Raumfahrt: Das Knesebecker Unternehmen Butting stellt unter anderem wichtige Teile für die NASA-Weltraummission „Orion“ her, wurde dazu jetzt gerade nach Nadcap® rezertifiziert.

Premium-Komponenten für Luft- und Raumfahrt: Das Knesebecker Unternehmen Butting stellt unter anderem wichtige Teile für die NASA-Weltraummission „Orion“ her, wurde dazu jetzt gerade nach Nadcap® rezertifiziert.

Quelle: Butting

Das Butting-Engagement für die NASA-Weltraummission „Orion“ folgt einer langen Tradition. Bereits seit Mitte der 1970er Jahre und damit seit rund 50 Jahren stellt Butting Rohre, Bogen, Flansche, einbaufertige Druckgas- und Kraftstoff-Förderleitungen sowie Schweißkonstruktionen für den Luft- und Raumfahrtsektor her. Auch Komponenten aus korrosionsbeständigem Stahl für „Ground- und Testequipment“ zählen zum Leistungsprogramm. Premium-Komponenten für Luft- und Raumfahrt: Dafür müssen höchste Standards in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Zuverlässigkeit erfüllt werden. Kürzlich hat das Unternehmen seine Nadcap-Rezertifizierung für Non-destructive Testing (NDT X-ray) erfolgreich absolviert – Nadcap ist ein Programm entwickelt und geführt von den großen Luft-/ Raumfahrtherstellern mit dem Ziel ein kosteneffizientes, standardisiertes Vorgehen in der gesamten Lieferkette sicherzustellen. Damit bestätigt Butting als Hersteller für Luft- und Raumfahrtbauteile erneut, dass er für seine Kunden zerstörungsfreie Prüfverfahren auf Spitzenniveau durchführt.

Schüler aus Calberlah im Astronauten-Fieber

Matthias Mauerer im November 2021 an Bord der ISS: Realschüler aus Calberlah durften den Wissenschaftler während seiner Zeit in der Raumstation ISS interviewen.

Matthias Mauerer im November 2021 an Bord der ISS: Realschüler aus Calberlah durften den Wissenschaftler während seiner Zeit in der Raumstation ISS interviewen.

Quelle: dpa-Bildfunk Archiv

Einen direkten Draht zur Raumstation ISS hat die Realschule Calberlah – zumindest zeitweise. 2021 haben vier damalige Siebtklässler acht Minuten Zeit, dem deutschen Astronauten Matthias Maurer in der Raumstation ISS live vier Fragen zu stellen. Die 13-Jährigen tragen Headsets, blaue ESA-Overalls und das Logo „Cosmic Kiss“ des DLR School Lab auf der Brust. Da gerade Corona herrscht, können die anderen Schüler und Schülerinnen lediglich von zuhause via Youtube dabei sein – 350 nutzen diese Chance. Lehrer Steffen Jauch ist stolz: „Man ruft nicht mal eben an im Weltraum.“ Yasmin, Nele, Conner und Jennifer machen ihren Job super. Die Fragen des Teams kommen flüssig und ohne Verhaspeln rüber.

Realschule Calberlah: Lehrer Steffen Jauch hängt in den Seilen – um Schwerelosigkeit im Rahmen des Weltraumprojektes zu simulieren.

Realschule Calberlah: Lehrer Steffen Jauch hängt in den Seilen – um Schwerelosigkeit im Rahmen des Weltraumprojektes zu simulieren.

Quelle: Sebastian Preuß Archiv

Anlässlich der sechsmonatigen Mission des deutschen Wissenschaftlers Matthias Maurer auf der Internationalen Raumstation ISS gibt es an der Realschule Calberlah mehrere Projekte, an denen auch die benachbarte Grundschule beteiligt ist. Unter anderem gibt es an der Realschule eine AG „MissionX“ zum Thema. Fernsehen und Toiletten in der ISS, ein Countdown auf Russisch, Werkstoffexperimente und der Bau von Modellraketen sowie Ernährung und Sport unter Astronauten-Bedingungen sind die Themen der AG. Außerdem erleben die Schüler und Schülerinnen an von der Hallendecke der Sporthalle hängenden Seilen einmal eine Art von Schwerelosigkeit.

Maurer-Interview und Weltraum-AG – das lässt sich noch toppen: 48 Drittklässler der Grundschule malen 2021 – gemeinsam mit Teilnehmern aus einem Kinderhospiz und mehr als 400 Schulen in ganz Deutschland – Bilder gemalt, die Maurer mit ins Weltall nimmt. Auch Fünft- und Sechstklässler der Realschule schicken Bilder mit. Der Filmstreifen und der USB-Stick mit diesen Bildern fliegt in einer Metall-Kassette mit, die nach einem von der Realschule in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt entwickelten Prototypen gebaut wird. Am Ende seiner Mission bringt Maurer die Filmrolle wieder mit, die beteiligten Schulen bekommen ihren Beitrag als Filmschnipsel überreicht – und der war wirklich im Weltraum.